U-Boot-Bunker Valentin - Eine Rüstungsaltlast wird Gedenkort (2024)

U-Boot-Bunker Valentin

U-Boot-Bunker Valentin - Eine Rüstungsaltlast wird Gedenkort (1)

Von Godehard Weyerer·08.11.2015

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Am Weserufer nördlich von Bremen ragt der Valentin-Bunker ans Wasser heran. Dort sollten im Zweiten Weltkrieg U-Boote gebaut werden. Doch soweit kam es nicht. Nun wurden an dem Nazi-Bunker eine Gedenkstätte und eine Ausstellung eröffnet.

Allein die schiere Größe des Betonklotzes lässt die Betrachter erschaudern. Der Weg zur Gedenkstätte, die zusammen mit einer Dauerausstellung heute eröffnet wird, führt die Besucher direkt an den Fuß des Bunkers heran. Auf einer Länge von 490 Metern ragt die graue, monotone Beton-Front bis zu 35 Meter in die Höhe.

"Der Bunker ist ein erklärungsbedürftiges Objekt und diese Erklärung muss man drinnen und draußen liefern. Deswegen gibt es im Außengelände einen Rundweg mit Informationen, mit historischen Bildern aus der Baustellenzeit, die relativ gut zeigen, unter welchen Bedingungen hier gearbeitet worden ist."

Der Bau des Bunkers, sagt Gedenkstättenleiter Marcus Meyer, begann 1943. U-Boote sollten hier unter dem Schutz einer sieben Meter dicken Betondecke montiert und zu Wasser gelassen werden – alle 56 Stunden ein fertiges U-Boot. So war es geplant. Dazu kam es aber nicht. Im März 1945 durchschlug eine britische Bombe die geschlossene Bunkerdecke im vorderen Bereich, dort war die Decke erst 4,5 Meter dick. Eine Woche später wurden die Arbeiten am Rohbau eingestellt.

"Der Bunker ist tatsächlich relativ schnell in erster Linie als technische Meisterleistung begriffen worden. Das liegt daran, dass die meisten Häftlinge schon nicht mehr da waren, die meisten sind auf Todesmärsche geschickt worden. Das heißt, als die Briten hierher kamen, war es im Prinzip eine leere Baustelle."

Einen Teil des Bunkers nutzte bis 2011 die Bundesmarine. Vier Jahre lang dauerte es, bis Marcus Meyer und sein Team aus der Bremer Landeszentrale für politische Bildung das ehemalige Depot in ein öffentlich zugängliches Museum umgestalteten. Draußen auf dem Rundgang warten auf die Besucher 22 Informationsstationen, drinnen fußballplatzgroße Hallen mit blanken Betonwänden und -decken.

Spuren der Fliegerbombe: ein Krater von acht Metern Durchmesser

"Das ist der Bereich, den die Bundesmarine benutzt hat seit den 60er-Jahren als Material-Depot, den sie soweit in Stand gehalten hat. Das, was noch original ist, sind alle Stahlträger, die aus den Wänden ragen. Und das ist auch die Decke. Der Bereich, den wir zentral für den Denkort nutzen, liegt jetzt direkt vor uns, hin zum Ruinenteil, der auch die Informationselemente besitzt.Sie sehen dort einen Deckenträger, der mitten in die Halle ragt. Darüber liegt ein Krater von acht Metern Durchmesser, der von der britischen Fliegerbombe gerissen worden ist."

Wasser läuft an den Pfeilern herunter, im Winter sind sie häufig vereist. Korrosion und Frost nagen am Beton. Immer wieder fallen kleine Steinbrocken aus 22 Metern in die Tiefe. Marcus Meyer steht im Ausstellungsraum vor einer Glasfront, der den Blick in den gesperrten Ruinenteil freigibt.

"Wir werden hier eine Ausstellung zeigen, die die Informationen auf dem Rundweg ergänzt anhand von sechs verschiedenen Themenstationen. Daneben haben wir klassische Führungen, 90 Minuten lang. Wir haben drei- bis fünfstündige Seminare für Schulklassen, aber auch für Erwachsenengruppen in Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen."

U-Boot-Bunker Valentin - Eine Rüstungsaltlast wird Gedenkort (3)

Die Ruine von innen © Harald Schwörer / photein.de

Der Rundgang der neu eröffneten Gedenkstätte führt die Besucher aus dem gesicherten und begehbaren Teil des U-Boot-Bunkers auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinaus ins Freie. Büsche und Bäume haben sich hier breit gemacht. Der wuchtige Betonquader verliert im grünen Dickicht seine gewaltigen Ausmaße. Nicht zu übersehen aber ist die offene und 20 Meter hohe Rückwand des Schleusenbeckens. Drinnen tropft es von der Decke, Pfützen bedecken den Betonboden.

"Das hätte noch geschlossen werden müssen, um dann die Kammer dahinter fluten zu können, das war einerseits als Schleuse gedacht, um die Boote in die Weser laufen zu lassen. Andererseits als Testkammer, um auf Dichtigkeit zu testen, ob die Maschinen laufen und solche Dinge. Ist auch nie fertig geworden."

Selbst aus den Rissen der Betonmauer und an der Dachtraufe sprießen kleine Birken empor. Die Idylle trügt. Ein paar Schritte weiter liegen die freigelegten Fundamente einer Betonmischanlage.

"Hier ist ein Foto von Mai 1944, wo man die Anlage sehen kann. Wir haben eine sehr präzise und eindringliche Beschreibung eines französischen Überlebenden. Da beschreibt er, wie man eine Treppe rauf musste mit einem 50-Kilo-Sack Zement auf der Schulter. Er sagt, in so eine Maschine gingen 300 Sack a 50 Kilogramm pro Stunde. Er nennt diese Maschine eine Bestie, deren Hunger nie gestillt wird. Er beschreibt, wie links und rechts Kapos und Wachen gestanden haben, dass er weniger gewogen hat als diese 50 Kilogramm."

Rund 10.000 Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge, genaue Zahlen kennt Marcus Meyer nicht, arbeiteten am Bunker. Mindestens 1.400 Menschen kamen auf der Baustelle zu Tode. Über deren Schicksal wurde nach dem Krieg kaum ein Wort verloren. Stattdessen sollte im Kalten Krieg der U-Boot-Bunker als Atombunker fertiggestellt werden. Zwar wurde der Plan fallengelassen. Doch der monströse Schandfleck galt bald als High-Tech-Produkt deutscher Ingenieurskunst. Gedenkstättenleiter Marcus Meyer will das geraderücken. Die Bedingungen, unter denen hier Sklavenarbeit verrichtet wurde, seien mit einer wie auch immer gearteten Technikfaszination nicht zu vereinbaren.

"Vielleicht gibt es Menschen, die das auch noch hinkriegen, aber da sind wir dann auch am Ende dessen, was wir leisten können."

U-Boot-Bunker Valentin - Eine Rüstungsaltlast wird Gedenkort (2024)

FAQs

Was ist der größte Bunker in Deutschland? ›

Mit einer Länge von 426 m und einer Fläche von 35.375 m² ist „Valentin“ der größte Bunker Deutschlands. Fertig gestellt wurde er nie… Der größte Bunker Deutschlands steht in Bremen Rekum. Es ist zugleich der zweitgrößte Bunker Europas.

Welche U Boot Bunker kann man besichtigen? ›

Espadon gehört zur Sammlung des Museums Ecomusée, es ist das einzige im Wasser liegende U-Boot, das man in Frankreich besichtigen kann.

Kann man den Bunker Valentin besichtigen? ›

Wir bieten öffentliche Führungen für Einzelbesucher:innen sowie individuelle Führungen für geschlossene Gruppen an. Beide Formate können über die untenstehenden Links gebucht werden. Alle Führungen starten im Infozentrum und dauern ca. 90 Minuten.

Was ist der größte Bunker der Welt? ›

Die wohl größte Bunkerkuppel der Welt steht in Wizernes, etwa 40 Kilometer südöstlich von Calais. Aus dieser 1943/44 errichteten Anlage sollten ballistische Raketen vom Typ V2 auf ... London abgeschossen werden.

Wer hat die meisten Bunker auf der Welt? ›

Albanien ist das Land mit den meisten Bunkern weltweit. Sie sollten die Bevölkerung vor Angriffen aus West und Ost schützen – was ist aus ihnen geworden? Sie stehen für Angst, Paranoia und Diktatur.

Was ist der sicherste Bunker der Welt? ›

Cheyenne Mountain in Colorado (USA) gilt als sicherster Bunker der Welt. Der Cheyenne Mountain Complex, tief in den Granit des Cheyenne Mountains bei Colorado Springs, USA, eingegraben, entstand auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Die Bauarbeiten starteten im Juni 1961 und fanden im Februar 1967 ihren Abschluss.

Warum wurde der Bunker Valentin gebaut? ›

Geblieben ist der Bunker „Valentin“, ein einzigartiges und ein unübersehbares Relikt der nationalsozialistischen Rüstung für den Seekrieg. Er ist ein Ort der Erinnerung an den Krieg und an die Verbrechen der nationalsozialistischen Herrschaft.

Wie viele Atombunker gibt es in Deutschland? ›

Bundesweit gibt es nur noch noch knapp 480.000 Plätze in rund 580 Bunkern und Schutzräumen. Das ist das Ergebnis der Bestandsaufnahme, die das Bundesinnenministerium (BMI) im Frühjahr 2022 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in Auftrag gegeben hatte.

Wie lange kann man in einem U-Boot unter Wasser bleiben? ›

U 31 (Bundeswehr)
Einsatzdaten U-Boot
Einsatzdauer30 Tage
Tauchtiefe, max.250–≤400 m, Zerstörungstauchtiefe ≈700 m
Höchst- geschwindigkeit getaucht20 kn
Höchst- geschwindigkeit aufgetaucht12 kn
1 more row

Wie tief kann ein militärisches U-Boot tauchen? ›

Es wird jedoch angenommen, dass sie Tauchtiefen von mehreren hundert Metern erreichen können. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass militärische U-Boote in der Lage sind, auf Tauchtiefen von 300 bis 500 Metern (ca. 1.000 bis 1.600 Fuß), teilweise sogar bis 1200 Meter, zu operieren.

Wie sicher ist ein U-Boot? ›

Die Deutschen, der Welt aktivstes U-Boot-Volk, stehen mit 76 Unfällen an der Spitze der Liste. Danach folgen England mit 47, die USA mit 28 und Frankreich mit 20 durch Unglück verlorenen Booten. Durch Feindeinwirkung dagegen verloren die Deutschen im Zweiten Weltkrieg allein 711 U-Boote« nur 42 durch Unfall.

Wo ist der größte Bunker Europas? ›

Campo Tizzoro in Toskana, der größte Luftschutzbunker Europas.

Kann man in einem Bunker wohnen? ›

Wer als privater Käufer einen Bunker oder ein ähnliches Nutzgebäude als Wohnraum erwerben will, sollte in diesem Zusammenhang sichergehen, dass dafür die entsprechende Genehmigung vorliegt. Zuständig ist in vielen Fällen das Bauamt. Dieses kann baurechtliche Bedenken äußern.

Wann ist der Bunker fertig? ›

Am 14. Dezember war es soweit: Nach wetterbedingten Verschiebungen durfte die Presse erstmals den Aufbau am Bunker an der Feldstraße begutachten. Seit 2019 wird hier gebaut, im April 2024 soll eröffnet werden.

Wem gehören die Bunker? ›

Die meisten Bunker sind Bundeseigentum, verwaltet von der „Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ (Bima) in Bonn. In NRW gehören der Bima 90 Hochbunker, deutschlandweit rund 170. Aber die Zahl sinkt stetig: Der Bund hat schon über 110 Hochbunker und etwa 10 Tiefbunker in NRW verkauft.

Wem gehören die Bunker in Deutschland? ›

Das gab das Innenministerium kürzlich bekannt. Ein wenig mehr als eine halbe Millionen Menschen könnten hier Schutz finden, so die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Die meisten der verbliebenen Anlagen sind in Privateigentum und befinden sich vor allem in Bayern und Baden-Württemberg.

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